Februar 26, 2023

Cindy Sherman: Protest gegen den Male Gaze

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Cindy Sherman ist eine Künstlerin und Fotografin mit feministischen Zügen, die vor allem durch ihre Fotoserien breite Aufmerksamkeit erlangte. Diese behandeln unter anderem die Themen Identität, weibliche Körperlichkeit und soziale Konstruktion.

 

 

Cindy Sherman “Untitled Film Still #2, 1977. Quelle: https://www.moma.org/collection/works/56515

Die Geschlechterdebatte ist seit den 1960er-Jahren im Vordergrund der wissenschaftlichen Diskurse geraten. Viele weibliche Autoren und Philosophen haben Essays oder Aufsätze zu der Benachteiligung des weiblichen Geschlechts in einer männlich dominierten Welt veröffentlicht. Susan Sontag und Judith Butler sind Vorreiter dieser Debatte. Beide Feministinnen gehen von der Position aus, dass Geschlechterrollen Konstrukte sind und von der Gesellschaft konstruiert werden. Eine Frau wird somit erst nach ihrer Geburt zur Frau „gemacht“. Die weiblichen Geschlechtsorgane treten somit erstmal in den Hintergrund und die Art und Weise, wie sich eine Frau zu benehmen hat, tritt in den Vordergrund. Auch wenn die wissenschaftlichen Diskurse erst seit den 1970er ein breites Gesprächsfeld für die Gender Studies eröffnet haben, so gibt es schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts eine massive Frauenbewegung. In den 1900er haben sich die sogenannten Suffragetten für das Wahlrecht und weitere Arbeitsrechte der Frauen eingesetzt. In den Fabriken der Zeit, mussten die Frauen stundenlang und ohne jegliche Rechte arbeiten, die Führungspositionen waren von Männern besetzt. Mit Hungerstreiks oder gefährlichen Protesten versuchten die Frauen sich zu emanzipieren und auch eine Stimme in der Gesellschaft zu haben.

 

 

Abbildung 2: Cindy Sherman, Untitled Film Still #34, 1979. (Quelle: https://www.artbasel.com/catalog/artwork/61071/Cindy-Sherman-Untitled-Film- Still-34)

Cindy Sherman ist eine Künstlerin und Fotografin mit feministischen Zügen, die vor allem durch ihre Fotoserien breite Aufmerksamkeit erlangte. Diese behandeln unter anderem die Themen Identität, weibliche Körperlichkeit und soziale Konstruktion. Die Fotoserien „Untitled Film Stills“ (1977-1980) und „Sex Pictures“ (1992) wurden seit ihrer Entstehung in kunst- und kulturwissenschaftlich-ästhetischen Diskursen breit diskutiert.Sie und weitere Künstlerinnen ihrer Zeit nutzten Video- und Fotografien, um sich vor der Kamera zu inszenieren und sich eine Stimme in der von Männern dominierten Kunstszene zu verschaffen. In ihrem Sammelwerk „Untitled Film Stills“ fotografierte sich Cindy Sherman beispielsweise in verschiedenen Posen und alltäglichen Situationen einer Frau. So waren Bilder dabei, wie sie in der Küche kocht (Abbildung 2), aber auch als leicht bekleidete sexualisierte Posen in einem Bett (Abbildung 3). Auffällig in ihren „Film Stills“ ist, dass Sherman in ihrer Kunst ihren Körper als Material und Schaufläche benutzt. Sie stellt sich in verschieden Rollenbildern dar, als Hausfrau oder als Ikone. Die Blicke der Frauen in ihren Stills sind unterschiedlich, meist guckt die Person im Bild jedoch nachdenklich aus dem Bildrand hinaus. Wenn man diese Tatsache in Bezug zu den Analysen aus dem ersten Teil dieser Thesis bezieht, dann fällt auf, dass dieser weibliche Körper von dem männlich geführten Patriachart tabuisiert und unterdrückt wurde. Die weiblichen Merkmale, wie die Brüste oder die Vagina, werden oft als Protest in den Vordergrund der Kunstwerke gestellt. Es gelingt damit ein Spiel mit dem Male Gaze, wobei der Blick des heterosexuellen Mannes kritisiert wird.

 

 

Abbildung 3: Cindy Sherman, Untitled Film Still #3, 1977. (Quelle: https://imageobjecttext.com/2012/01/19/in-the-kitchen-with-cindy/)

Das Punctum in Shermans Bildern liegt im weiblichen Körper. Wenn Frauen die Bilder Shermans betrachten, dann wird ihnen eine paradoxe Identifizierung mit dem dargestellten Subjekt im Bild geboten. Das Gesehene wird zu einer Art Spiegel, doch die Figur im Bild guckt nicht in die Augen der Betrachterin, wie es normalerweise bei Spiegelbildern der Fall ist. Die Figuren in Cindy Shermans Bildern schauen aus dem Bildrand hinaus. Zwar stellt Sherman ihre weiblichen Figuren so dar, wie es der Male Gaze durch ständige Wiederholungen als gesellschaftliche Norm festgesetzt hat, doch der Betrachter muss diesmal dem Female Gaze folgen, um das Abgebildete zu verstehen. Die Betrachter, die sich mit den Bildern Shermans identifizieren, werden dazu ermutigt, ihre Perspektiven zu erweitern und einen neuen Blick zu gewinnen. Es folgt eine Revision übe das Verständnis von Weiblichkeit. Wie die Figuren im Bild, die nachdenklich und verträumt schauen, überdenken und rekonstruieren auch die Betrachter der Film Stills, die kulturellen Konstruktionen von Weiblichkeit.

Quellen:

    • Loreck Hanne. Geschlechterfiguren und Körpermodelle: Cindy Sherman. München: Schreiber 2002.

    • Kérchy, Anna. “The Woman 69 Times: Cindy Shermans Untitled Film Stills”. In: Hungarian Journal Of English and American Studies (HJEAS) 9, no. 1. 2003, S. 181-189.